Haushaltsrede der SPD Weingarten

Veröffentlicht am 28.02.2024 in Gemeinderatsfraktion

Gemeinderat Weingarten – Sitzung am 26.02.2024

Haushalt 2024 – Haushaltsrede der SPD-Fraktion

(Wolfgang Wehowsky)

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, sehr geehrter Herr Bürgermeister Bänziger, liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates,

schon 2 Jahre sind vorbei, seitdem Russland die Ukraine mit einem fürchterlichen Angriffskrieg überzogen hat. Wir spüren heute die Folgen dieser kriegerischen Auseinandersetzung durch Flucht und Vertreibung der Zivilbevölkerung in die sicheren europäischen Nachbarstaaten. Über eine Million Menschen aus der Ukraine sind als Kriegsflüchtlinge in Deutschland registriert. Die vielseitigen Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine – von der Aufnahme, Unterbringung und Versorgung der ukrainischen Familien bis hin zu den allgemeinen Belastungen durch erheblich gestiegene Konsum- und Energiepreise (herzlichen Dank allen Verantwortlichen für die Eröffnung des Weingartener Tafelladens!) sind deutlich spürbar. Die deutsche Wirtschaft ist zum Jahresende 2023 leicht geschrumpft. Wir befinden uns nach zwei Jahrzehnten Aufschwung wieder in einer Rezession.

Für 2024 hat die Bundesregierung kürzlich die Wachstumszahlen unserer Volkswirtschaft von 1,3 auf 0,2 Prozent gesenkt. Was es letztlich wird, wissen wir erst zum Ende dieses Jahres. Um eine veritable Wirtschaftskrise zu vermeiden, sind jetzt konjunkturfördernde Maßnahmen erforderlich. Ein erster Schritt dazu wäre das Wachstumschancengesetz der Bundesregierung, das zu einer wirksamen Entlastung unserer Wirtschaft führen könnte. Es befindet sich aber zurzeit aber wegen Einwänden des Bundesrates noch im Vermittlungsverfahren.

Schließlich wirkt sich die wirtschaftliche Entwicklung über die Steuereinnahmen bis hinunter zu den Kommunen aus und damit sind wir in Weingarten bei zu erwartenden Einkommenssteuerrückgängen ebenfalls mit im Boot.

Ergebnishaushalt der Gemeinde für 2024

Der vorliegende Haushaltsplanentwurf beschreibt das umfangreiche Aufgabenpaket unserer Gemeinde für 2024 und gibt einen Ausblick auf die mittelfristige Entwicklung bis 2027. Wir legen damit fest, welche Mittel zur Deckung der gesamten Aufgaben unserer Gemeinde in diesem Jahr notwendig sind. Durch die Prüfung sämtlicher konsumtiver und investiver Beträge stellt der Haushalt des Jahres 2024 jetzt ein sehr präzises Bild der Finanzlage der Gemeinde dar. Wir haben bei den umfangreichen Vorberatungen der Haushaltszahlen Wert daraufgelegt, dass das geplante Investitionsvolumen in diesem Jahr auf das tatsächlich leistbare Maß beschränkt bleibt. Gleichzeitig ist eine Einsparung im Ergebnishaushalt um rund 500 TSD. Euro erzielt worden.

Bei der Ermittlung der Haushaltsaufwendungen ist der Grundsatz der Haushaltskonsolidierung beachtet worden. Ein gewissenhafter Umgang mit unseren finanziellen Ressourcen gehört zum Pflichtenheft; deshalb bleibt die Haushaltskonsolidierung für uns eine Daueraufgabe.

Die veränderte Investitionsplanung 2024 sieht nun Ausgaben in Höhe von rund 15 Mio. Euro vor. Damit werden zahlreiche Einzelmaßnahmen, wie zum Beispiel beim Baugebiet Kirchberg-Mittelweg, die weiteren Straßenunterhaltungen im Kernort, die Kosten für die Erschließung des Gewerbegebietes Sandfeld, die Sanierung der Radwege nach Grötzingen und Untergrombach sowie notwendige Investitionen in bzw. an kommunalen Gebäude finanziert.

Für die Konzeption Neubau/Erweiterung der Turmbergschule werden in diesem Jahr 1,5 Mio. Euro für Planungskosten angesetzt. Zunächst ist über einen Projektsteuerer eine genauere Kostenberechnung zum geplanten Schulneubau auf dem Festplatz zu erstellen. Die mittelfristige Finanzplanung weist für dieses Projekt einen vorläufigen Kostenansatz bis 2027 im Umfang von 21,5 Mio. Euro aus. Sobald der Neubau in die „heiße Phase“ ab 2028/2029 kommt, werden weitere Kosten entstehen und hoffentlich ausreichende Zuschüsse fließen. Von Bedeutung wird dann auch sein, ob die jetzt angenommene Förderquote von 25 v. H. nach weiteren politischen Sondierungen auf Bundes- und Landesebene erhöht werden kann.

Unter der Kostenstelle Kindergarten sind erhöhte Aufwendungen für neue Kita-Gebäude ab 2025 ff eingeplant. Wir warten hier noch auf die in Aussicht gestellten Machbarkeitsstudien für drei mögliche Standorte; ein vierter Standort könnte auf dem ehemaligen „Trautweingelände“              ( jetzt Baugebiet Breitwiesen-Teil I ) liegen. Dagegen ist die Erweiterung des Naturkindergartens bereits im laufenden Jahr vorgesehen.

Erfreulich ist, dass derzeit allen vorgemerkten Kindern ein Betreuungsangebot gemacht werden kann.

Und dazu ein Hinweis, den man jedes Jahr wegen seiner Aktualität wiederholen muss. Der Ausbau der Kinderbetreuung bedeutet gleichzeitig, dass der Aufwand, den allein die Gemeinde für diese Sparte zu tragen hat, weiterwachsen wird. Der zunehmende Wechsel von Trägerschaften auf die Kommune erhöht darüber hinaus unsere konzeptionelle Verantwortung. Deshalb wäre eine höhere finanzielle Beteiligung durch das Land nicht nur mehr als wünschenswert. Sie ist absolut notwendig! Nicht vergessen werden darf, dass die Eltern in Baden-Württemberg gegenüber anderen Bundesländern deutlich höhere Eigenanteile für die Kinderbetreuung zu erbringen haben. Hier besteht ebenfalls Reformbedarf.

Zum Haushalt der Gemeinde für 2024 ist seitens der SPD-Fraktion folgendes festzuhalten:

  1. Im Ergebnishaushalt erzielt die Gemeinde Weingarten einen erfreulichen Überschuss in Höhe von 1,892 Mio. Euro. Auch in der mittelfristigen Finanzplanung für die Jahre 2025 und 2026 sind positive ordentliche Ergebnisse zu erwarten. 2027 wird unter Berücksichtigung des Sonderergebnisses ebenfalls positiv.

  1. Die Leistungsfähigkeit der Gemeinde ist von 2024 bis 2027 durchgehend gegeben!

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  1. 2024 müssen keine neuen Kredite aufgenommen werden. Die Verschuldung zum 31.12.2024 beträgt 22,7 Mio. Euro, damit pro Kopf 2.154 Euro. Die mittelfristige Entwicklung bis 2027 mit einem deutlich steigenden Schuldenstand auf rd. 45 Mio. Euro (Grund: Neubau der Turmbergschule) erfordert u. E. ein strenges Finanzcontrolling.

  1. Aufgrund der 2025 in Kraft tretenden Grundsteuerreform sind die für die Grundsteuer A und B festgesetzten Vomhundertsätze so anzupassen, dass die Belastungen für die Grundstückseigentümer auf dem bisherigen Niveau bleiben können.

Schwerpunkte künftiger Kommunalpolitik für Weingarten

In der dieses Jahr zu Ende gehenden Legislaturperiode des Gemeinderates wurde eine Menge bewegt und konnten viele Projekte erfolgreich abgeschlossen werden. Gleichzeitig befinden sich auch einige Maßnahmen mitten in der Umsetzung und werden den neu zu wählenden Gemeinderat naturgemäß weiter beschäftigen.

Im Folgenden möchten wir aus Sicht der SPD-Fraktion einige Leuchtturmprojekte benennen.

Ausbau der Kinderbetreuung und Neubau der Turmbergschule

Im ersten Teil meiner Ausführungen sind hierzu bereits grundsätzliche Anmerkungen erfolgt.

Die SPD strebt finanzierbare Konzeptionen für die Projekte im Kinder- und Jugendbereich an und wird sich aktiv an den Lösungsansätzen beteiligen.

Wir arbeiten auch künftig daran gerne mit, dass der von unserer Fraktion einstimmig favorisierte Neubau der Turmbergschule auf dem Festplatz mit einem vorläufigen Volumen von ca. 46 Mio. Euro zu einem guten und für Weingarten finanziell machbaren Ergebnis gebracht werden kann.

Mobilitätskonzept

Das im Frühjahr 2022 einmütig beschlossene Mobilitätskonzept befindet sich immer noch in der Umsetzung der Parkierungsregelungen im öffentlichen Straßenraum. Hier hat es sich sehr bewährt, in den jeweils betroffenen Bereichen vorab sogenannte Geh-Spräche mit den Anwohnern durchzuführen. Dabei sollten nach Ansicht der SPD nicht alle Wohnquartiere über einen Kamm geschoren werden, sondern individuelle Entscheidungen möglich sein. Allerdings müssten die dabei erzielten Ergebnisse auch entsprechend umgesetzt werden. Wir erinnern an unseren Fraktionsantrag für die Waldbrücke-Alter Teil bezüglich der Ausweisung von verkehrsberuhigten Bereichen, der von den Anwohnern bei den Geh-Sprächen zur Stellplatzfrage ausdrücklich bestätigt wurde. Außerdem sind die vorhandenen Pläne für eine Parkraumbewirtschaftung zu diskutieren.

Nach Auffassung der SPD kann es sich bei der Erhebung von Parkgebühren nur um die Stellplätze auf dem ehemaligen Schäfer-Gelände in der Jöhlinger Straße bzw. in unserem Parkhaus beim Rathaus sowie um Stellplätze in der Ortsmitte, bei denen im Hinblick auf die Einkaufsmöglichkeiten, ein hoher Parkdruck besteht, drehen. Eine allgemeine Einbeziehung der Wohnquartiere in die Bewirtschaftung lehnen wir ab.

Sobald die Ausweisung der Stellplätze im öffentlichen Straßenraum abgeschlossen ist, sollte das Mobilitätskonzept um Feststellungen zum fließenden Verkehr ergänzt werden.

Nahwärme / Energieversorgung

Wir erinnern an unsere Initiative, das bestehende Nahwärmenetz mit Holzhackschnitzeln aus dem eigenen Wald, um neue Anschlussmöglichkeiten zu erweitern. Zur Sicherung der Energieversorgung sollte das Thema Nahwärme wieder aufgegriffen werden. Kommunale Wärmeplanung kann den klimafreundlichen Heizungsumbau in Weingarten voranbringen.

Der Bearbeitung unseres Nahwärmeantrages wurde zunächst die Erstellung eines umfassenden Energieplans mit Ermittlung der Wärmebedarfe für die gesamte Gemarkung vorgeschaltet. Die Umwelt- und Energieagentur Karlsruhe ist seitens des Gemeinderates im Januar 2023 damit beauftragt worden. Ergebnisse erwarten wir in Kürze.

Photovoltaik und Windkraft generieren zwei wichtige erneuerbare Energiequellen, die nicht nur regional, sondern auch vor Ort stärker zur Stromerzeugung zu nutzen sind. Die vernünftigste Lösung für Weingarten wäre in naher Zukunft ein Energiemix aus Windkraft, Photovoltaik und Geothermie.

Neubauprojekte

Die jetzt vorgesehene Erschließung des Gewerbegebietes Sandfeld ist überfällig, wenn man auf die lange Entstehungsgeschichte dieser Erweiterung unserer Gewerbeflächen zurückblickt. Der Hinweis, dass die Stadt Karlsruhe mangels entsprechender Flächen Gewerbetreibende auf das Umland verweist, dürfte sich nämlich bald erledigt haben. Nach Presseberichten sollen jetzt für ein ca. 24 Hektar großes Gebiet die planungsrechtlichen Voraussetzungen für ein neues Gewerbegebiet in Karlsruhe geschaffen werden.

Bei den geplanten Neubauten auf dem ehemaligen Trautwein-Gelände durch einen Investor werden uns neben zweistöckigen Einzelhäusern wieder drei- bis vierstöckige Mehrfamilienhäuser begegnen. Wenn nun in Weingarten immer mehr in die Höhe gebaut wird, ist dies in erster Linie der steigenden Zahl fehlender Wohnungen geschuldet. Im neuen Wohngebiet wird jetzt 25 v. H. des Wohnraums für sozialen Mietwohnungsbau bereitgestellt, um dort auch für Familien bezahlbares Wohnen zu ermöglichen. Mit diesen neuen Wohnangeboten wächst aber zugleich der Druck auf die Gemeinde, die entsprechende Infrastruktur bereitzustellen.

Straßensanierungen

Natürlich wollen wir die erheblichen Investitionen nicht vergessen, die wir in Weingarten während der letzten fünf Jahre in eine notwendige Generalsanierung unser Jöhlinger Straße und verschiedener Ortstraßen gesteckt haben. Dies hat zwar zu einer deutlichen Erhöhung unserer Schuldensituation geführt, aber dies konnte alles in einer faktischen Nullzinsphase (!) abgewickelt werden. Es sind sinnvolle Investitionen, mit denen wir zumindest für die nächsten 30 Jahre ruhiger schlafen können.

Was nützt denn eine sogenannte schwarze Null in der Neuverschuldung, wenn anderseits die Infrastruktur notleidet?

Lassen Sie mich zum guten Schluss allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung – hier insbesondere Herrn Schneider für die perfekte Vorbereitung der Unterlagen -, dem Forst, dem Bauhof und Ihnen Herr Bürgermeister für Ihre im Jahr 2023 geleistete Arbeit herzlich Dank sagen. In diesen Dank schließen wir alle bei der Feuerwehr, dem DRK und dem DLRG ehrenamtlich tätigen freiwilligen Helfer/innen ein. Auch möchte ich meinen besonderen Dank an alle Mitbürgerinnen und Mitbürger richten, die durch ihre ehrenamtlichen Tätigkeiten einen wertvollen und wichtigen Beitrag für unser Gemeinwohl erbracht haben.

    Die SPD-Fraktion stimmt dem vorliegenden Haushaltsplan 2024 und den beiden Wirtschaftsplänen unserer Eigenbetriebe für Wasser und Abwasser 2024 zu.

Wenn die derzeit bekannten Informationen zutreffend sind, werden fünf Kolleginnen und Kollegen dem neuen Gemeinderat nicht mehr angehören. So können wir unabhängig vom Wahlergebnis ab Juli eine Neubesetzung von mindestens 1/3 der hier möglichen Plätze erwarten.

Bis zum Ende dieser Legislaturperiode wollen wir – wie bisher - konstruktiv und mit gegenseitigem Respekt zusammenarbeiten. In gleicher Weise setzen wir unsere Hoffnung auf einen fairen Kommunalwahlkampf.

Zum Schluss noch ein kleiner Hinweis für alle, die sich für ein Ehrenamt als Gemeinderätin/ Gemeinderat interessieren.

Die Kommunalpolitik bedeutet intensives Ringen um die bessere Lösung. Hier orientiert sich man nicht an folgendem Politsprech:

„Nicht das Erreichte zählt, sondern das Erzählte reicht.“

 

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